Was ist Vendor Due Diligence?
Der Doppelbegriff „Due Diligence“ stammt aus dem Englischen und bezieht sich auf ein Konzept, das in den USA entwickelt wurde. Konkret übersetzt bedeutet es auf Deutsch: „fällige Sorgfalt“. Gemeint ist damit in der deutschen Gesetzgebung eine gebotene Sorgfalt, die sich auf Praktiken innerhalb von Unternehmens(ver)käufen beziehen. Handelt es sich um eine „VendorDue Diligence„, steht „Vendor“ im Deutschen für den Verkäufer. Folglich geht es um die gebotene Sorgfalt des Verkäufers.
Die Bedeutung von Vendor Due Diligence
Die Due Diligence bedeutet nach deutschem Recht eine Prüfung spezieller Daten und Fakten eines Unternehmens oder einer Person im Rahmen eines Kaufes/Verkaufes. Bei der Vendor Due Diligence geht der Verkäufer der „erforderlichen“ Sorgfalt nach. Er erstellt Analysen über das Verkaufsobjekt. Diese beziehen sich auf die wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse sowie gegebenenfalls auf Risikofaktoren.
Due–Diligence-Prüfung
Anwendung
Eine Due Diligence kommt hauptsächlich beim Kauf/Verkauf von Unternehmen, Immobilien und bei einem anstehenden Börsengang vor. Ebenso findet die Prüfung Einsatz bei geplanten Unternehmensfusionen und ist vor allem Teil von vielen Auktionsverfahren.
Sinn
Die Prüfung „Vendor Due Diligence“ besitzt den Sinn, einen fairen Verkauf zu vollziehen. Durch das Offenlegen relevanter Unternehmensunterlagen aus den Bereichen Wirtschaft, Recht, Steuern und Finanzen will man
dem potenziellen Käufer einen vollständigen Überblick verschaffen. Der Sinn der Due–Diligence-Prüfung beruht auf den Wegfall einer Übervorteilung einer der Parteien. Warum? Wichtige/unternehmensrelevante Informationen stehen zur Verfügung, die für eine Transparenz sorgen.
Auf diese Weise erleichtern sich Kaufentscheidungen. Viele anschließende Gerichtsverfahren aufgrund von „versteckten Mängeln“ oder einem (versuchten) Betrug lassen sich verhindern. Das Risiko für den Käufer schmälert sich dementsprechend. Auch der Verkäufer erhält mehr Sicherheit, im Anschluss der Verkaufsabwicklung nicht auf Schadensersatz sitzen zu bleiben. Insbesondere bei Fusionen sorgt eine Risiko-Analyse im Rahmen einer Vendor DueDiligence für eine verbesserte Einschätzung der zu erwartenden Wirtschaftlichkeit und finanzieller Vor- und/oder Nachteile.
Prüfungszeitraum
Bei der Vendor Due Diligence ist es unüblich, dass Verkäufer nach vielen Jahren der Unternehmensführung ab Unternehmensgründung bis zum Tag des Verkaufsangebotes ausführliche Prüfungsergebnisse darlegen. Den Kaufinteressenten präsentiert man dabei nicht die gesamte Firmenhistorie. Das würde zu viel Zeit und Aufwand in Anspruch nehmen. Irrelevante Informationen stören den Überblick. In der Regel kommt es zu einer Einigung zwischen Verkäufer und potenziellem Käufer, welchen Zeitraum eine Prüfung umfassen soll. Erfolgt keine Absprache zwischen Kaufinteressent und Verkäufer, umfasst eine Vendor Due Diligencein der Regel einen Zeitraum von drei Jahren.
Entschädigungsansprüche
Je aufwendiger und zeitintensiver eine Vendor Due–Diligence-Prüfung ist, desto mehr Arbeit und Kosten stecken dahinter. Da sich Verkäufer diesem Aufwand meist nur widmen, wenn eine ernstzunehmende Kaufabsicht besteht. Nicht, um reine Neugierde von vermeintlichen Kaufinteressenten zu befriedigen Diese beinhaltet eine Summe x, die der potenzielle Kaufinteressent an den Verkäufer zu zahlen hat, wenn dieser anschließend vom Kauf absieht.
Vendor Due Diligence – die Prüfer
Die Vendor Due–Diligence-Prüfung nimmt das Unternehmen/die Unternehmer selten selbst vor. Die Prüfung verlangt ein hohes Maß an fachspezifischen Kenntnissen vor allem aus den Bereichen Betriebswirtschaft und Steuerrecht. In der Regel übergeben Verkäufer den Auftrag einer Vendor Due Diligence an Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie an Anwälte oder andere Fachleute, die über entsprechend erforderliche Kenntnisse verfügen. Alternativ lassen sich genannte Berufsgruppen auch unterstützend heranziehen, wenn die Due–Diligence-Prüfung durch Unternehmensangehörige stattfinden soll.
Vorbereitung der Vendor Due Diligence
Um mittels Vendor Due Diligence eine Prüfung zu unternehmen, ist das Vorbereiten der erforderlichen Unterlagen unerlässlich. Anhand dieser können Fachleute relevante Daten entnehmen und entsprechende Analysen und Firmenfakten aufstellen. Zu den Unterlagen zählen vor allem:
- Financial Due Diligence: Jahresabschlüsse der letzten drei bis fünf Jahre inklusive Salden- und Summenlisten sowie gegebenenfalls Rechnungen von Deckungsbeiträgen, Firmen-/Sachwerte und Kosten-Berichte
- Tax Due Diligence: Steuererklärungen und -bescheide der letzten drei bis fünf Jahre sowie Steuerprüfungsberichte, um das Risiko von Nachzahlungen einschätzen zu können
- Legal Due Diligence: Verträge von Mietungen, Versicherungen, Arbeitsverhältnissen sowie Liefervereinbarungen, Gesellschaftsverträge und die Allgemeine Geschäftsbedingungen
- Technical Due Diligence: Anzahl der Arbeits- und Produktionsanlagen inklusive maximal erreichbarer Produktionsmasse, Zustand der Anlagen inklusive Wartungsberichten und Reparatur nachweisen
Je nach erwünschtem Umfang der VDD sind folgende Unterlagen ebenfalls oft gefragt:
- HR-Due Diligence: Mitarbeiter-Statistik, Personalkosten, durchschnittliche Ausfallzeiten durch beispielsweise Krankheit und bei Fusionen sowie Unternehmensverkäufen, Anzahl der zu übernehmenden Mitarbeiter und Humankapital (wie wertvoll, stressfähig und kreativ sind Mitarbeiter)
- Customer Due Diligence: Zielgruppen, Stammkunden und durchschnittliche Neukundenzahlen sowie Angaben, wie Neukunden generiert werden und ob eine Inhaberabhängigkeit in puncto Stammkundschaft vorliegt (vor allem bei kleineren Unternehmen wichtig)
- Commercial Due Diligence: Angaben über Wettbewerber mindestens aus naher und regionaler Umgebung, welche Strategien werden verfolgt, um sich gegenüber Konkurrenzunternehmen durchzusetzen und wo liegen Parallelen/Unterschiede zu Wettbewerbern in den Produkt-/Dienstleistungsangeboten
Immobilien Due Diligence
Geht es beim Verkauf um eine Immobilie und insbesondere um ein Investment, umfasst eine Due Vendor Diligence im Idealfall folgende Informationen:
- Financial Due Diligence: Analyseergebnisse der Immobilienbewertung, gleich, ob als Asset– oder Share-Deal
- Legal Due Diligence: Grundbucheinträge, Mietverträge und –sicherheiten, Versicherungen, und sonstige Vertragsverhältnisse inklusive Rechte und Verpflichtungen wie beispielsweise öffentliche Abgaben
- Tax Due Diligence: Steuererklärungen und Steuerabgabeberichte mindestens der letzten drei Jahre und bei Share Deals zusätzlich vorhandene Steuervergünstigungen, Bauabzugssteuer sowie Nachweis der zuständigen Steuerbehörde über aktuellen Kontostand und eventuelle Außenstände oder geforderte Nachzahlungen
- Technical– und Environmental Due Diligence: Zustandsanalysen der Immobilie sowie Betriebs- und Qualitätsmanagement-Analysen, Angaben über Standort und Konformität eventueller Auflagen sowie von Altlasten, Umweltschutzfaktoren
Virtuelle Systemhilfe für Vendor Due Diligence
Weil unzählige Mengen an Unterlagen und Datensätzen für eine Vendor Due Diligence anfallen, kann ein Dokumenten-Management-System zur Erleichterung von Arbeitsabläufen und Durchsichten übersichtlich vereinfachen. Vor allem bei der Übernahme von Mutter- und Tochterunternehmen sowie bei Unternehmen mit internationalen Standorten ist das DMS ein wichtiger Bestandteil. Auch erhalten im Ausland sitzende Kaufinteressenten über das DMS Einsicht in die Vendor DueDiligence, was den postalen Versand ersetzt und somit das Risiko von Dokumentenverlusten und das in die Hände geraten Unbefugter stark reduziert.
Ein DMS stellt man virtuell zur Verfügung. Es ermöglicht einen Zugriff von Mitarbeitern zur Datenvervollständigung ebenso wie zur Einsicht von Fachleuten für beispielsweise die Erstellung einer Vendor Due Diligence. Zusätzlich kann diese über das DMS potenziellen Käufern für den Einblick zur Verfügung gestellt werden, anstatt ihnen Unmengen von Papierordnern auszuhändigen. Sensible Firmendaten können gesperrt bleiben. Für den Zugang potenzieller Käufer wird ein Passwort vergeben, sodass unbefugte Dritte außen vorbleiben. Zudem wird in der Regel der Zugang zeitlich begrenzt, sodass es lediglich der Einsicht zur
Kaufabsicht dient. Meist geht ein sogenanntes LOI dem DMS-Zugang voraus. Dabei handelt es sich um das „Letter of Intent„, was übersetzt eine Bestätigung der Kaufabsicht bedeutet. Lesen Sie hier alles zum LOI.
Vorteile einer VDC im Überblick
- Bietet faire Verkaufsbedingungen für mehrere potenzielle Kaufinteressenten gleichzeitig
- Schnellere Verkaufsabwicklung durch Darbietung wichtigster Informationen
- Ortsunabhängige Verhandlungen durch Due Diligence via virtuelles Dokumenten-Management-System
- Mehr Sicherheit für den Verkäufer durch Vorlage der VDD-Prüfungsergebnisse anstelle von Unterlagen
- Verkäufer erkennen frühzeitig eventuelle Schwachpunkte und können sie vor Verkauf beheben, was im Idealfall den Verkaufspreis hebt
- Potenzielle Käufer profitieren von finanzieller Ersparnis, da sie die Käufer Due Diligence durch die Vendor Due Diligenceergänzt und damit geringer umfassend ausfällt
- Verkäufer profitieren von elektronischer Datenbereitstellung bei Vertragsverhandlungen, weil sie Einblick erhalten, welcher Kaufinteressent sich für welche Informationen interessierte
- Über LoI (Letter of Intent) geringeres finanzielles Risiko für Verkäufer, wenn eine Entschädigungsvereinbarung bei Nicht-Zustandekommen eines Kaufs beinhaltet ist
- Geringeres Risiko von Kaufpreisminderungen für Verkäufer durch LoI
- Optimierung der Vertrauensbasis zwischen Käufer und Verkäufer
- Weniger „böse Überraschungen“ für den Käufer nach Kaufabschluss
- Geringeres Betrugsrisiko und im Falle eines Betrugsfalles dient die Vendor Due Diligence als Beweismittel
Vendor Due Diligence vs. Käufer Due Diligence
Nimmt man die Vendor Due Diligence vor, ist diese in keinem Fall als vollständiger Ersatz für die Käufer-Prüfung zu betrachten. Sie ist als eine Ergänzung zu dieser anzusehen. Sie beinhaltet zwar firmeninterne und verkaufsrelevante Unternehmensinformationen, aber diese dienen als Verkaufsunterlagen, die in erster Linie das Verkaufsobjekt bestmöglich darstellen sollen. Während es bei der Verkäufer-Prüfung hauptsächlich um den finanziellen/wirtschaftlichen Stand, Steuern und eventuell Umweltfaktoren geht, ist für den Käufer die aus den erhobenen Daten basierende Risiko-Analyse von größter Bedeutung.
Mergers & Acquisitions
Als Mergers & Acquisitions bezeichnet man Transaktionen wie Fusionen, jegliche Formen von Unternehmenskäufen und Betriebsübergänge. Wenngleich sich manch Dienstleistungsunternehmen des Sammelbegriffes für seine Tätigkeit in diesem Branchenbereich bedient. Wird eine Transaktion durch eine Bank gemanaged, wird dem potenziellen Käuferin der Regel lediglich ein sogenanntes Informations-Memorandum zur Verfügung gestellt.
Dieses ist als deutlich aussageschwächer zu betrachten, als ein Vendor–Due–Diligence-Report. Sollte durch das Info-Memorandum das Interesse eines Kaufinteressenten entstanden sein, sorgt eine Vendor Due Diligence im Anschluss für weitere wichtige Informationen. Daraus ergeben sich meist Hinweise, wo im Rahmen der Due Diligence des Käufers besonders tiefgründig zu prüfen ist.
Idealer Zeitpunkt für Verkauf mit Vendor Due Diligence
Der beste Zeitpunkt für einen Verkauf mit Vendor Due Diligence ist selbstverständlich dann gegeben, wenn der höchste/bestmögliche Firmenwert erreicht ist, Käufer mit lukrativen Gewinnen zum Kauf anzuregen sind und der Verkäufer einen entsprechend hohen Kaufpreis erhalten kann. Die Vendor Due Diligence sollte man bei zeitnaher Verkaufsabsicht zügig in die Wege leiten. So erreicht man eine passende Zeitspanne, die den steigenden/besten Firmenwert widerspiegelt.
Wer einen Unternehmensverkauf beispielsweise wegen Renteneintritt plant, sollte frühzeitig mit der Optimierung des Unternehmens beginnen. So erreicht man bestmögliche Ergebnisse der Analysen durch eine Vendor Due Diligence. Wer wegen Krankheit verkaufen muss, dem bleibt meist keine andere Wahl, als sich mit den Fakten zufriedenzugeben. Allerdings besteht hier oftmals noch die Möglichkeit, bisher verborgene Informationen aufzudecken, die den Kaufpreis drücken könnten. Somit erreicht man eine Optimierung.
Manipulation für die VDD
Wer als Verkäufer annimmt, den eigenen Firmenwert vor einer Vendor Due Diligence mit Absicht zu steigern, indem er beispielsweise Personalkosten reduziert und Scheingeschäfte einfließen lässt, bietet mit der Ausführung der Vendor DueDiligence optimale Bedingungen zur Beweislage des Betrugs und wird überwiegend mit der Staatsanwaltschaft konfrontiert werden. Spätestens, wenn der potenzielle Käufer eine eigene Due Dilligence veranlasst, die vor der Zeit der Verkäufer-Prüfung ansetzt, werden jegliche Manipulation und betrügerische Absicht aufgedeckt. Aus diesem Grund sind alle Arten der Due Diligence ideale Maßnahmen, um eine faire Verkaufsabwicklung zu erwirken.
Kosten für eine Vendor Due Diligence
Die exakten Kosten, mit denen ein Verkäufer für eine Vendor Due Diligence zu rechnen hat, lassen sich pauschal benennen. In der Regel beginnen die Preise bei etwa 3.500 Euro und reichen bis circa 20.000 Euro. Die Kosten hängen vom Umfang der Daten und dem daraus entstehenden Arbeitsaufwand für die Analysen/Prüfungen sowie Erstellung der Ergebnisse ab. Zudem variieren die Preise der Angebote von Spezialisten, die für die Bearbeitung der Vendor Due Diligence fachliche Kompetenz besitzen. Außerdem kommt es darauf an, welche Teilbereiche der Verkäufer analysiert haben möchte. Es besteht die Möglichkeit, lediglich einzelne Analysen durchführen zu lassen. Das wird vor allem oftmals beim Verkauf von kleineren und umsatzschwächeren Betrieben bevorzugt, wenn die finanziellen Mittel zur Kostendeckung der Vendor DueDiligence nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
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Claudia Rothenhorst ist Redakteurin für betriebswirtschaftliche Themen im Blog von docurex.com.