Was ist Insolvenzverschleppung?
Eine Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn eine juristische Person (gemeint ist hier: Person im Sinne des Rechts, als Träger von Rechten und Pflichten) im Falle einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines Unternehmens wissentlich keinen Antrag auf ein Insolvenzverfahren stellt.
Gründe für eine Insolvenzverschleppung können sein:
- Der Insolvenzantrag ist falsch gestellt.
- Der Insolvenzantrag ist zu spät gestellt.
- Er wurde ist nicht gestellt.
In den Bereich der Insolvenzordnung fallen folgende Rechtsformen:
- GmbH
- KG
- OHG
- Aktiengesellscahaften
- Ltd mit hauptsächlichen Geschäftsinteressen in Deutschland
- Stiftungen
- Vereine
Strafrechtliche Folgen der Insolvenzverschleppung
Stellt ein Unternehmen nach Feststellung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht binnen drei Wochen einen Antrag auf Insolvenz, droht dem Geschäftsführer als Verantwortlichem und rechtlich definierter „juristischer Person“ der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung.
Der Gesetzestext nach § 15a InsO lautet: „ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung…“
Es ist also große Vorsicht geboten im Umgang mit finanziellen Engpässen. Oftmals schätzt man die Risiken falsch oder nur unzureichend ein. Viele zumeist junge Unternehmer mit wenig Erfahrung halten sich selbst gar nicht für insolvent, sondern nur für vorübergehend schlecht aufgestellt. Die Unterscheidung zwischen geschäftlicher Flaute, einer Krise und einer Insolvenz ist für die Betroffenen nicht immer eindeutig.
Doch lassen die Paragraphen 17 und 19 der Insolvenzordnung dem Unternehmen in Bezug auf Insolvenzverschleppung tatsächlich keinen Spielraum:
- Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen.
- Überschuldung ist dann gegeben, wenn die Schulden das Vermögen übersteigen und durch geschäftliche Tätigkeit keine Aussicht darauf besteht, dass sich an dieser Situation etwas verändert.
Den tatsächlichen Zeitpunkt einer Überschuldung festzustellen, ist in den meisten Fällen für den Insolvenzverwalter gar nicht möglich. Da Unternehmen, anders als Privatpersonen, immer mit Krediten und Schulden hantieren, fällt der Moment, in dem die Schulden das Vermögen übersteigen, häufig gar nicht auf oder lässt sich zumindest nicht objektiv auf einen genauen Augenblick festlegen. Um hier als Geschäftsführer nicht gleich als möglicher Straftäter zu gelten, sollte man zur einwandfreien Feststellung des Eintritts der Insolvenz auf jeden Fall fachkundige Wirtschaftsprüfer hinzuziehen. Lesen Sie hier alles zum Wirtschaftsprüfer.
Da man Insolvenzverschleppung mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ahndet, sollte sich jedes Unternehmen frühzeitig mit dieser schwierigen Situation auseinandersetzen.
Zivilrechtliche Folgen der Insolvenzverschleppung
Geschäftsführer einer GmbH sind nach § 64 Satz 1 GmbHG zur Rückzahlung aller Zahlungen verpflichtet, welche nach Eintreten der Zahlungsunfähigkeit oder der Feststellung einer Überschuldung geleistet sind. Ausnahmen stellen Zahlungen dar, die man nach diesem Zeitpunkt nicht mehr tätigen muss, um den Wert des Unternehmens nicht weiter zu schmälern bzw. gänzlich zu vernichten. Es handelt sich also um Zahlungen, die mit der Sorgfaltspflicht eines Geschäftsmannes vereinbar sind. (§ 64 Satz 2 GmbHG)
Diese Formulierungen bedeuten im Einzelfall einen erheblichen Interpretationsspielraum für den zuständigen Insolvenzverwalter. Zum Leidwesen der Unternehmer legt man Paragraph 64 GmbHG von diesen häufig sehr streng aus, um den entstandenen Schaden in möglichst großem Umfang von den Mitgliedern der Gesellschaft zurückfordern zu können.
Die Rechtsprechung selbst gestaltet sich an dieser Stelle weitaus differenzierter. Mittlerweile ist sie aber derart unübersichtlich, dass es sehr auf die jeweilige Person ankommt, die die Zulässigkeit einer Zahlung auch nach der Feststellung einer Insolvenz beurteilt.
In jedem Fall erlaubt sind Zahlungen, die den unmittelbaren Zusammenbruch des Betriebes verhindern. Dazu gehören:
- Rechnungen für Strom, Gas und Wasser
- Rechnungen von Lieferanten, die auf Vorkasse bestehen
- Lohn- und Umsatzsteuer
- Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung
Haftungsrisiken
Die Haftungsrisiken sind nicht nur sehr komplex, sondern für den jeweiligen Geschäftsführer existenzbedrohend. Unabhängig von seiner Vergütung und der Dauer seiner Unternehmenszugehörigkeit kann eine einzige unzulässige Zahlung den kompletten bisherigen Verdienst durch zu leistende Haftungsansprüche nicht nur zunichte machen, sondern um ein Vielfaches übersteigen. Aus diesem Grund sollten sich Geschäftsführer bei den ersten Anzeichen von finanziellen Engpässen qualifiziert beraten lassen, um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung zu entkräften.
Personen, denen kein „Organstatus“ innerhalb der Gesellschaft zukommt, müssen nicht befürchten, im Haftungsfall belangt zu werden. Dies trifft sowohl auf Betriebsleiter als auch auf Prokuristen zu. Bei Führungspersonen kann man während des Insolvenzverfahrens jedoch eine „faktische Geschäftsführung“
feststellen. Die Rechtsprechung sieht diesen Fall als gegeben, wenn ein Mitarbeiter mit umfassenden Befugnissen ausgestattet wurde und diese auch zu nutzen wusste. So rät man Führungskräften der zweiten Riege, bei Entlassung oder im Krankheitsfall lieber nicht für den Geschäftsführer einzuspringen, sondern sehr zurückhaltend zu agieren.
Insolvenzverschleppung international
In Österreich und Liechtenstein wird der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung als Krida bezeichnet. Hier gilt es, zwischen einer fahrlässigen und einer betrügerischen Krida zu unterscheiden. Nach § 156 StGB kann bei einer betrügerischen Krida eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und fünf Jahren erfolgen. Bei Vorliegen einer fahrlässigen Krida beträgt das Strafmaß bis zu 3 Jahre.
In der Schweiz hingegen ist Insolvenzverschleppung nicht grundsätzlich strafbar. Außerdem sind Bundesgesetze zur Insolvenz nur für Geldschulden in Schweizer Franken anwendbar. Nicht-monetäre Insolvenzen werden ausschließlich von den Kantonen verwaltet.
Eine Besonderheit bietet die Option einer EU-Insolvenz. Diese ermöglicht es EU-Bürgern, ihre Insolvenzverfahren ins Ausland zu verlagern, da viele Länder wie Irland, Spanien und Frankreich mehr Wert darauf legen, dass der Schuldner möglichst schnell wieder auf die Beine kommt und weniger, dass alle Schulden zurückgezahlt werden. Wichtig in diesem Fall ist der sogenannte COMI (Center of Main Interest), der Nachweis über den Lebensmittelpunkt im Ausland.
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Janina ist Redakteurin in der Redaktion von Text-Center und schreibt außerdem im Blog von Unternehmer-Portal.net .