Die Günstigerprüfung – was man wissen sollte
Die Günstigerprüfung ist eine Methode, die bei der Steuerveranlagung zur Anwendung kommt. Das Finanzamt prüft, ob sich für den Steuerpflichtigen eine Berechnungsmethode ergibt, die sich für ihn steuerlich günstiger auswirkt.
Was verbirgt sich hinter der Günstigerprüfung?
Die Günstigerprüfung ist ein fester Bestandteil der Steuerveranlagung, wenn ein Steuerpflichtiger seine jährliche Einkommensteuererklärung einreicht. Der Finanzsachbearbeiter ist verpflichtet, zu prüfen, welche Möglichkeit der Berechnung für den Steuerpflichtigen zu einem positiveren Ergebnis führt.
Bei der Günstigerprüfung muss die automatische Prüfung von der Günstigerprüfung auf Antrag unterschieden werden. Bezieht ein Steuerpflichtiger z. B. Kindergeld, muss das Finanzamt automatisch prüfen, ob die Berücksichtigung des Kinderfreibetrages sich für ihn günstiger auswirkt.
Diese Automatik kommt bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht zur Anwendung. Hier kann der Steuerpflichtige mit einem Antrag durchsetzen, dass der Finanzsachbearbeiter die Günstigerprüfung durchführt.
Wo kommt die Prüfung zur Anwendung?
Die Günstigerprüfung kommt immer dort zur Anwendung, wo das Gesetz dem Steuerpflichtigen eine Wahlmöglichkeit lässt. Dies ist in den folgenden Bereichen der Fall:
Kinderfreibetrag oder Kindergeld
Hat ein Steuerpflichtiger Kinder, kann er die monatliche Auszahlung des Kindergeldes beantragen. Das Einkommensteuerrecht sieht bei der Steuerveranlagung außerdem den Abzug des Kinderfreibetrages vor.
Kindergeld und Kinderfreibetrag kann ein Steuerpflichtiger nicht nebeneinander geltend machen. Ein Finanzbeamter prüft bei der Steuerveranlagung, was sich für den Steuerpflichtigen günstiger auswirkt und zu einer niedrigeren Steuerzahlung oder höheren Steuererstattung führt. Voraussetzung für die Günstigerprüfung ist, dass der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Steuererklärung die Anlage Kind ausfüllt.
Stellt der Finanzbeamte fest, dass das Kindergeld günstiger ist, ergibt sich keine Änderung. Kommt er zum Ergebnis, dass der Kinderfreibetrag zu einer höheren Steuerentlastung führt, wird dieser angesetzt und bei der Veranlagung berücksichtigt.
Günstigerprüfung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
Erzielt ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus Kapitalvermögen, sieht die Steuerveranlagung seit dem Veranlagungszeitraum 2009 die Besteuerung der Einkünfte mit der Abgeltungssteuer vor. Die Abgeltungssteuer beträgt 25 %.
Mit Einführung der Abgeltungssteuer weicht die Finanzverwaltung von dem Besteuerungsverfahren der anderen Einkunftsarten (z. B. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) ab. Hier kommt der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen zur Anwendung. Der persönliche Steuersatz ist der Durchschnittssteuersatz, der sich auf das gesamte steuerpflichtige Einkommen eines Steuerpflichtigen bezieht.
Liegt der persönliche Steuersatz eines Steuerpflichtigen unter 25 %, ergibt sich für ihn ein Nachteil. Um diesen Nachteil auszugleichen, kommt bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen die Günstigerprüfung zur Anwendung. Liegt der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen unter 25 %, kommt dieser zur Anwendung. Ist der persönliche Steuersatz höher, werden die Einkünfte mit der Abgeltungssteuer besteuert.
Günstigerprüfung bei Riester-Vertrag
Steuerpflichtige, die einen Riester-Vertrag abgeschlossen haben, profitieren bei der Steuerveranlagung von der Ansparphase. Die Vorsorgeaufwendungen werden bis zu einem Betrag von 2.100 EUR als Sonderausgaben in der Steuererklärung berücksichtigt, wenn die Steuerersparnis höher ist als die Zulagen, die der Steuerpflichtige vom Staat erhält. Lesen Sie hier mehr zum Thema Riester.
Ob sich die Steuerersparnis besser auswirkt als die stattlichen Zulagen, prüft der Finanzbeamte anhand der Günstigerprüfung. Hierzu wird er jedoch nur veranlasst, wenn der Steuerpflichtige mit seiner Steuererklärung die Anlage AV ausfüllt und einreicht.
Günstigerprüfung bei den Werbungskosten eines Arbeitnehmers
Ein Arbeitnehmer erzielt steuerrechtlich Einkünfte aus einer nichtselbstständigen Tätigkeit. Die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Steuer ergibt sich durch Anrechnung der gezahlten Lohnsteuer auf den erhaltenen Bruttoarbeitslohn. Zusätzlich kann der Arbeitnehmer alle Kosten in Abzug bringen, die mit seiner nichtselbstständigen Tätigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Neben den Kosten für typische Berufskleidung und Arbeitsmittel oder die selbstgetragenen Aufwendungen einer Fortbildung, kommen hier insbesondere die Kosten für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstelle in Betracht.
Der Gesetzgeber hat für den Ansatz der Werbungskosten, die für den Weg zur Arbeitsstelle aufgewendet werden müssen, die sogenannte Entfernungspauschale eingeführt. Die Entfernungspauschale beträgt 0,30 EUR für jeden Entfernungskilometer, den der Arbeitnehmer zurücklegt. Benutzt der Arbeitnehmer keinen eigenen Pkw, sind die Kosten auf einen Betrag von 4.500 EUR gedeckelt.
Wer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, kann sich bei dem Ansatz der Werbungskosten zwischen der Entfernungspauschale und den tatsächlichen Kosten entscheiden. Dies ist für den Arbeitnehmer besonders dann von Vorteil, wenn die tatsächlichen Kosten den Betrag der Entfernungspauschale überschreiten. § 9 Absatz 2 Satz 2 EStG sah früher vor, dass die Günstigerprüfung hier für jeden Arbeitstag einzeln erfolgen sollte. Seit dem 01. November 2011 liegt das Verfahren zum Ansatz der Entfernungspauschale bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel jedoch vereinfacht vor.
Der Vergleich, ob die Entfernungspauschale zum Ansatz kommt oder der Steuerpflichtige sich für den Ansatz der tatsächlich geleisteten Kosten entscheidet, erfolgt nur noch bezogen auf ein Kalenderjahr. Für den Steuerpflichtigen bedeutet dies, dass ein Ansatz der tatsächlich geleisteten Kosten immer dann in Betracht kommt, wenn sich dies günstiger für ihn auswirkt als die Berücksichtigung der Entfernungspauschale.
Damit sich die Günstigerprüfung anwenden lässt, muss der Arbeitnehmer die Quittungen für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel mit seiner Steuererklärung beim Finanzamt einreichen.
Einkünfte, die außerordentlich erzielt wurden
Erzielt eine steuerpflichtige Person außerordentliche Einkünfte, erfolgt die Günstigerprüfung automatisch von der Finanzverwaltung aus. Die Besteuerung nimmt man in diesem Fall nach § 34 Absatz 1 EStG oder mit dem persönlichen Steuersatz des steuerpflichtigen vor.
Außerordentliche Einkünfte sind Einnahmen, die einem Steuerpflichtigen außerhalb seiner üblichen Tätigkeit zufließen. Verkauft z. B. der Gesellschafter einer OHG seinen Mitunternehmeranteil wird der Gewinn steuerlich anders behandelt als der Gewinn, den er aus der Tätigkeit dieser OHG erzielt. Einen außerordentlichen Gewinn erzielt auch der Unternehmer, der z. B. eine Lagerhalle oder ein anderes betriebliches Gebäude verkauft, weil er es nicht mehr benötigt.
Mit der internen Finanzamtsprüfung ermittelt das Finanzamt, ob sich die Besteuerung nach § 34 Absatz 1 EStG günstiger für den Steuerpflichtigen auswirkt als die Anwendung des persönlichen Steuersatzes.
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Claudia Rothenhorst ist Redakteurin für betriebswirtschaftliche Themen im Blog von docurex.com.