Whistleblower – Fluch oder Segen?
Whistleblower – Verräter oder moderne Robin Hoods der digitalen Gesellschaft?
Ein Whistleblower spricht oft das aus, was die Gesellschaft schon lange ahnt, vermutet oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiß. Während die Offenbarung von Geheimnissen und Firmen-Interna für die Betroffenen wenig zielführend ist und zum Ärgernis wird, profitiert die öffentliche Gesellschaft oft von dieser Arbeit.
Die Informationen über illegale Handlungen und Missstände mit Gefährdung der Menschen und der Umwelt gelangen nur durch den „Geheimnisverrat“ an die Öffentlichkeit und so in die Medien, wo sie aufrütteln und weitreichend verbreitet werden.
Dabei wird Whistleblowing mit unterschiedlichen Synonymen umschrieben und von Betroffenen meist als Industrie-Spionage oder Verrat bezeichnet. Die Medaille hat zwei Gesichter und kann daher auch aus zwei verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.
Bekannte Whistleblower Aufdeckungen in der Geschichte
Die im Jahr 1971 bekanntgewordene Watergate-Affäre hat einen wesentlichen Bestandteil zur Bekanntheit von Whistleblowing beigetragen und gezeigt, wie wichtig die Veröffentlichung interner Geheimnisse für die Sicherheit der Menschheit sein kann. Die Missbräuche von Regierungsvollmachten wären ohne die intensive Recherche von Daniel Ellsberg nie in die Öffentlichkeit gelangt.
Unter den bekannten Whistleblowern nehmen Julian Assange und Ellsberg eine führende Rolle ein. Der Australier Julian Assange wurde vor allem als Mitgründer der Whistleblower-Plattform Wikileaks bekannt. Auch Daniel Ellsberg gilt als Aktivist der Whistleblower und hat die Gesellschaft über einen wichtigen Missstand in den Vereinigten Staaten aufgeklärt: Die Täuschung der amerikanischen Öffentlichkeit, was durch die im Jahr 1971 veröffentlichten Pentagon-Papiere deutlich wurde.
In diesen und ähnlichen Fällen haben Whistleblower im Volk hohe Anerkennung genossen, während sie von den Behörden, der Staatsmacht und der politischen Führung meistens kritisiert und verfolgt wurden.
Gesetze zum Schutz von Whistleblowern
Als Whistleblower lebt man in der Realität jedoch ein einsames Leben, in dem man seinen politischen Kampf ohne externe Unterstützung austrägt und sich der stetigen Gefahr einer Entdeckung und Verfolgung bewusst sein muss. Auch wenn die USA zum Beispiel Gesetze erlassen und gefördert haben, die die Tätigkeit eines Whistleblowers schützen (wie etwa den Sarbanes Oxley Act), agieren die Entdecker und Aufdecker im Hintergrund und können sich nicht auf Immunität verlassen.
WikiLeaks Whistleblower Edward Snowden hat es am eigenen Leib gespürt, wie ernst die Aufdeckung von Ungereimtheiten genommen wird und welches Schicksal denjenigen ereilt, der über die Missstände informiert. Snowden war ehemals Mitarbeiter der CIA und damit in den Thematiken involviert, die er im Sommer 2013 aufdeckte.
Mit der Auslösung der NSA Affäre wurde Snowden gleichermaßen zum Helden der breiten Öffentlichkeit wie zum Gejagten. Außerstaatliche Organisationen haben ihn ausgezeichnet und für den Friedensnobelpreis empfohlen, während staatliche Organisationen primär daran interessiert sind, ihn zu verhaften und für die Veröffentlichungen strafrechtlich zu belangen. Noch immer lebt Edward Snowden in Russland und sieht aktuell keine Chance, jemals wieder in die USA zurückzukehren. Hier nützen also auch die Gesetze nichts, da sich die Aufdeckung der Missstände auf staatliche Handlungen und Geheimnisse der CIA bezog.
Zivilcourage zum Schutz der Gesellschaft
Der Grat zwischen der Information der Öffentlichkeit und der Industrie- oder Wirtschaftsspionage ist eng. Als Whistleblower gilt es, die gesellschaftlichen Interessen abzuwägen und einen Konsens zwischen dem Geheimnis und der Wichtigkeit für die Öffentlichkeit zu finden. Sicherlich handelt es sich bei Zivilcourage um eine gute und gesellschaftsfördernde Maßnahme, die allerdings in einigen Fällen nicht ohne wirtschaftliche Schäden realisierbar ist. Daher liegt die Zielsetzung eines verantwortungsbewussten Whistleblowers vor allem darin, den feinen Unterschied zwischen einer gesellschaftswichtigen Mitteilung und einem firmeninternen, die Menschheit oder Umwelt nicht schädigenden Geheimnis zu erkennen.
Ist ein Whistleblower also ein moderner Robin Hood oder stellt er eine Gefahr für die Gesellschaft und den wirtschaftlichen Fortschritt, für politische Geheimnisse und Firmen-Interna dar? Die Meinungen sind an dieser Stelle geteilt, da es in den meisten Fällen einen Geschädigten und einen Schadensverursacher gibt. Der Geheimnisverrat kann eine gute Sache sein, wenn er die Menschheit vor gefährlichen Ereignissen schützt und ausschließt, dass die gesamte Gesellschaft oder die Umwelt durch unachtsame und unkontrollierte Handlungen in Gefahr geraten.
Was spricht gegen die Veröffentlichung von Geheimnissen?
Vor jeder Veröffentlichung sollten Whistleblower gut überlegen, ob die Informationen einem gesellschaftsdienlichen Zweck folgen oder nur zur Profilierung der eigenen Person dienen. In jedem Unternehmen mag es „kleine Geheimnisse“ geben, deren Preisgabe niemandem schaden. Deren Aufdeckung oder Veröffentlichung ist aber eben dem Unternehmen vorbehalten und nicht dem Whistleblower.
Eine konkrete Abwägung des Gefahrenstatus und der Nützlichkeit von Informationen kann Folge-Reaktionen vorbeugen und ausschließen, dass sich der vermeintlich gut gemeinte Dienst eines Whistleblowers in einen unnötigen und niemandem nützenden Verrat verwandelt. Whistleblowing erfordert ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl und politischem, gesellschaftlichem und wirtschaftlichen Verständnis. Die Fälle bei denen sich der Zuträger der kompromitierten Information mehr persönlichen Schaden von der Aufdeckung hatte, überwiegen bis heute deutlich den vermeintlichen Vorteilen.
Fazit:
Die Verantwortung eines Whistleblowers ist sehr hoch. So sehr auch der Anreiz da sein mag, Internas oder echte Geheimnisse zu verraten: Das Whistleblowing an sich bleibt in den allermeisten Staaten der westlichen Welt eine Straftat, die seitens der Strafverfolger meist auch konsequent geahndet wird.
Wer Unternehmens-Interna veröffentlicht oder sie veröffentlichen will, muss sich dieser Konsequenz bewußt sein. Einmal veröffentlichte Fakten aus eigentlich geheimen Quellen lassen sich nicht wieder umkehren. Dabei ist es egal ob man dabei das Wort „Whistleblower“ verwendet oder ihn einen „untreuen“ Aufsichtsrat nennt.
Firmen, die ihre Interna wirksam vor dem Verrat schützen möchten, empfehlen wir weiterhin die Nutzung eines sicheren Datenraums wie etwa docurex.com .
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Katharina Berger arbeitet und schreibt als Redakteurin von docurex.com über wirtschaftliche Themen.